Seitdem Jonathan Hill der neue EU-Kommissar für Finanzmarktregulierung geworden ist, lautet das Mantra der Kommission: Man muss die Finanzmarktregulierung darauf überprüfen, ob sie wachstumsförderlich ist. Da die Kommission sich nicht traut, offen das Wort Deregulierung auszusprechen, hat sie nun einen neuen Begriff geprägt: die Kapitalmarktunion. Hinter diesem schönen Titel lässt sich die Deregulierung gut verstecken. Die Kapitalmarktunion ist derzeit das große Projekt der Kommission. Als erste Initiative hat sie dazu ein Grünbuch mit verschiedenen Thesen und Fragen verabschiedet und interessierte BürgerInnen, NGOs, Unternehmen und Lobbyisten aufgefordert, zu diesen Fragen Stellung zu beziehen.
Grundsätzlich ist gegen gut integrierte europäische Kapitalmärkte nichts einzuwenden, im Gegenteil. Allerdings setzt die Kommission mit der Förderung des non-bank lendings, sprich Schattenbanken, die eindeutig falschen Akzente. Wir haben uns daher entschlossen als BAG Wirtschaft und Finanzen zur Anfrage der Kommission Stellung zu beziehen und uns an der öffentlichen Konsultation zu beteiligen.
Unsere Hauptpunkte sind:
- Die USA sind nicht besser aus der Krise gekommen, weil sie ihre Wirtschaft über Kapitalmärkte finanzieren, sondern weil sie keine Austeritätsmaßnahmen unternommen und ihre Banken massiv rekapitalisiert haben.
- Die Kapitalmärkte eignen sich nicht zur Finanzierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen.
- Die EU will vor allem das non-bank lending stärken. Non-bank lending ist ein Euphemismus für Schattenbanken.
- Wir brauchen keine neue Deregulierungswelle auf den Finanzmärkten, schon gar nicht im Bereich der Schattenbanken.
- Die Kapitalmarktunion sollte insbesondere nachhaltige Investitionen fördern.
- Anstatt die Kreditvergabe zu deregulieren sollte man lieber Eigenkapitalfinanzierungen fördern. Insbesondere junge und dynamische Unternehmen brauchen für ihre Investitionen Eigenkapital.
- Der beste Weg mehr Eigenkapital in die Wirtschaft zu bringen ist eine Reform der privaten (kapitalgedeckten) Altersvorsorge. Anstatt private Altersvorsorge über Lebensversicherungen zu gestalten, die fast ausschließlich in Staatsanleihen investieren, sollte man ein öffentliches Basisprodukt (einen Bürgerfonds) einführen.
Hier findet Ihr unsere Antwort auf die Fragen der Kommission (zehn Seiten auf Englisch, pdf). Zum Hintergrund außerdem unser Beschluss zur Einführung eines öffentlichen Basisprodukts in der privaten Altersvorsorge (pdf) sowie unser Finanzmarkt-Papier (pdf).
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